Christian Ludwig Bokelmann
1844 St. Jürgen (Lilienthal) – 1894 Berlin
Im Leihhaus, 1876
103 x 151 cm, Öl auf Leinwand, signiert und datiert
Christian Ludwig Bokelmann war der erste Düsseldorfer Künstler, in dessen Werk das gewandelte Leben der Großstädte nach der Reichsgründung 1871 ein Echo gefunden hat.Ein dreijähriges Studium an der Düsseldorfer Akademie 1868-1871 und zwei weitere Jahre als Privatschüler Wilhelm Sohns reichten dem spätberufenen Maler für den Sprung in die Selbständigkeit eines eigenen Ateliers. Bokelmann distanziert sich in seinen großformatigen Gemälden vom erfolgreichen und beliebten Bauerngenre Ludwig Knaus und Benjamin Vautiers und entdeckt neue Themen für die Malerei. Ein Wahlkampf, die Volksbank kurz vor dem Krach, eine Verhaftung oder das Kasino von Monte Carlo als Bildthemen geben ihm Gelegenheit, eine Vielzahl von Figuren zu nicht gerade alltäglichen Anläßen zu versammeln.Am Anfang dieser Reihe steht unser Leihhaus, dass Bokelmann 1876 erstmalig in Berlin ausstellt und das später vom Stuttgarter Museum erworben wird. Städtische Leihhäuser hatten im wirtschaftlichen Auf und Ab der Gründerzeit Hochkonjunktur und versammelten offensichtlich Angehörige aller gesellschaftlichen Schichten, die aus unterschiedlichsten Gründen in diese Notsituation geraten waren. Als Betrachter führt uns der Maler mitten in den Kreis der Betroffenen, deren Gesichter und Haltungen Schicksale verraten. Von den Zeitgenossen wurde Bokelmanns Stil als ein neuartiger Realismus begriffen, der bekannteste Kunstkritiker der Epoche vermerkt die „erschütternde Wahrheit“ in seinen Bildern. (F.Pecht 1886)